Gedichte und Kurzgeschichten
VORWORT
Das Meer, der Sand und die Zeit
Viele Texte dieses Buches beschäftigen sich mit dem Meer.
Man muss keine Griechin sein, um das Meer zu lieben, oder auch kein Italiener.
Unzählige Mitteleuropäer zieht es nicht nur im Sommer an den Strand. Ein Jahr,
ohne das Meer zu sehen, ist ein verlorenes Jahr.
Das Meer, jenes Symbol der Unendlichkeit und Endlichkeit
zugleich, ähnlich den Körnern des Sandstrandes. Beide berühren damit den gar
nicht so leicht zu handhabenden Begriff der Zeit. Was ist Zeit überhaupt? Gar
viele Philosophen und Physiker haben sich darüber den Kopf zerbrochen. Aber
zumindest haben das Meer und die Kiesel so viel mehr davon als der Mensch. Eine
auf Spanisch schreibende Poetin hat einmal gemeint: Somos un guijarro en el ojo
del tiempo. Also: Wir sind ein Kiesel im Auge der Zeit.
Vasiliki Dragouni gelingt es in eindrucksvollen Bildern
und Metaphern davon zu erzählen und alles zu einem großen Ganzen
zusammenzufügen. Eines ist die Facette des anderen, das Andere oftmals die
Folge des Einen.
Obwohl es auf der Erde keine Schwerelosigkeit gibt, wiegen
sich die Blätter der Palmen vor dem Fenster und hinter der Stirn die Gedanken
in gleichen Rhythmus des Windes. Und das oft vor einem unsagbar blauen Himmel und
einem unsagbar blauen Meer. Es scheint, als wäre dies einer der wirklich
wertvollen Augenblicke, eingefangen in einem Gedicht.
Es wiegt sich das Leben aber nicht nur vor dem Fenster.
Warum also aus der Fülle der Zeit nicht so manchen Augenblick herausnehmen und
ihn einfach erzählen, überhaupt wenn dies in so eindrucksvoller Weise
geschieht?
Wir wissen, dass verschiedene Sprachen wie verschiedene
Uhren ticken. Wenn es dem Übersetzer trotzdem gelingt, die Bilder so
kunstgerecht und schön zu übertragen, soll und darf auch seine Arbeit nicht unerwähnt
bleiben.
Der Mensch spürt den Sturm und den Regen, Hitze und Kälte,
Hunger und Durst, die zu harte Bank und das zu weiche Sofa. Der Mensch spürt
wie sein Herz klopft, wenn die Liebe kommt und wie es anhält, wenn sie wieder
geht.
Bei den Texten von Vasiliki Dragouni spürt der Mensch
dies alles und nimmt wohl vieles bereichernd, aber auch nachdenklich mit in
sein eigenes Leben.
Wien, im Dezember 2022
Kurt F. Svatek
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